Reisen

Erzgebirgsfritz und seine Eindrücke.

Urlaubsfreuden 2017: 1001








Aus dem Tagebuch von Fritz: Es war einmal - "Reise nach Siebenbürgen"

"Früh, sehr zeitig starteten wir in Gyula. Unser erstes Ziel waren in Rumänien die Südkarpaten, auch die Transsilvanischen Alpen genannt. Bis jetzt hatten wir schon 1352 km zurückgelegt. An der Grenze waren wir nach ungarischer Zeit 1:30 Uhr. In Rumänien war es schon 2:30 Uhr. Die Grenzabfertigung ging sehr schnell. Wir waren das einzige Auto, welches abgefertigt werden musste. Um diese Zeit haben die Grenzer auch noch den Schlaf in den Augen. Nur der Kofferraum muss geöffnet werden. Das Geld wurde vom ungarischen Zoll kontrolliert. Wir hatten 1000 Forint zuviel bei uns. Ich muss feststellen, dass die Beamten viel freundlicher und toleranter als die in der DDR sind. Die 1000 Forint versprachen wir, wieder mitzubringen und damit war die Sache erledigt. Wir waren noch nicht lange auf rumänischem Boden gefahren, da lagen Kühe und auch ein Pferd auf der Straße. Zum Teil auch im Graben. Sie schliefen, oder dösten vor sich hin. Ab jetzt wurde langsamer gefahren. Man wusste ja nicht, was noch alles auf der Straße lag. Der Morgen graute, als wir durch Arad fuhren, weiter über Lipova nach Deva. 6:30 Uhr rasteten wir zwischen Simeria und Sebes, welches früher Mühlbach hieß. Wir ließen uns die heißen Würstchen aus dem Thermosbehälter und den Kaffee gut schmecken. Es war schönstes Sommerwetter. Die Bauern gingen auf die Felder aus denen noch leichte Nebelschwaden aufstiegen. Dunkel gekleidete Frauen gingen zu einer nahen kleinen Kirche. Sie trugen rauchende Pfannen in den Händen. In der Ferne konnten wir schon die Berge erblicken. Auf der Weiterfahrt streckten uns Kinder Körbchen entgegen, voll mit kleinen Pilzen, wahrscheinlich Pfifferlingen. Früh 8 Uhr durchfuhren wir Sibiu. Hierher wollten wir in den kommenden Tagen noch einmal kommen. Wir hatten an diesem Morgen 348 km hinter uns gebracht und nun begann eine wunderschöne Fahrt ins Gebirge. Ehe wir hinter Scoreiu nach rechts, nach Süden abbogen, kam noch eine Schrecksekunde. Von links näherte sich mit großer Geschwindigkeit auf einem Feldweg ein riesiger Lastkraftwagen. Zuerst fuhr Fritz gleichmäßig weiter, wurde aber doch stutzig. Eine Vollbremsung und der Laster überquerte einige Meter vor dem Auto von Fritz mit einem Höllentempo die Hauptstraße. Das war noch einmal gut gegangen. Wie man auch zu einer Fahrerlaubnis kommen kann, davon soll am Ende berichtet werden.
Die Fahrt durch die Transfagarasch ist nicht zu beschreiben. Die ganze Strecke misst 80 km. Die erste Rast machten wir am Wasserfall Bilea mit einem Hotel gleichen Namens. Hier können wir rumänische Volkskunst betrachten und kaufen. Die Frauen zeigten bereitwillig ihre Handarbeiten und ließen sich auch gern zusehen. Wir kauften eine kleine Vase mit der Aufschrift "1978 Transfagarasn". Danach setzten wir unsere Fahrt fort und überwanden die unzähligen Serpentinen, bis wir auf einer Höhe von 2055 m vor einen Tunnel standen. Ein herrlicher Ausblick über diese Bergwelt tat sich uns auf. Wir hatten auch genügend Zeit am Tunnel, denn er hat nur dreimal täglich geöffnet, von 6-7, 12-13 und von 18 - 19 Uhr. Im Tunnel wird noch tüchtig gebaut. Uns kam der Aufenthalt recht. Es wurde viel fotografiert und gut gegessen. Hinter einer Schutzhütte am Bilea See machten wir es uns zwischen Schneefeldern gemütlich und mit Hilfe unseres Spirituskochers gab es eine gute Suppe mit Würstchen. Gegen Mittag war der Tunnel geöffnet. Gute Scheibenwischer sind aber nötig. Im Tunnel strömt das Wasser von der Decke, das einen doch rechte Angst überkommen kann. Fast einen Kilometer fuhren wir, wie unter einem Wasserfall, durch den höchsten Straßentunnel Rumäniens. Danach fällt die Straße am Fluss Arges, zum Stausee Vidraru hin, ab. Wir kamen in einen Stau und direkt am Fluss Olt suchten wir ein Plätzchen für die Nacht. Mit wenigen, aber geübten Handgriffen wurde das Auto in einen Schlafwagen umgewandelt. Wir kochten Reis mit Gulasch. Nach einem herrlichen Abendspaziergang am Fluss haben wir gut geschlafen. Es stand ein Gewitter am Horizont, aber es verzog sich. Früh 5 Uhr ging es weiter und kurz nach 6 Uhr standen wir auf dem Parkplatz vor dem Hotel Boulevard in Sibiu - Hermannstadt. Ein Parkwächter kam auch gleich im Laufschritt und nahm uns 25 Ley ab. Ich hatte gleich die Nase voll, da ich schon wieder betrogen wurde. Wir liefen durch die Stadt bis zum evangelischen Pfarramt. Wir hatten uns brieflich angemeldet. Bemerkenswert ist das Eingangsportal im gotischen Stil aus dem 16. Jh. Über dem Portal befindet sich eine Steinplatte mir dem Wappen des Plebans Johann von Alzen. Es stammt aus dem Jahre 1502.

Hermannstadt ist eine Reise wert:
Die Stadt und seine Umgebung ist eine der vielen pittoresken und touristischen Aufenthaltsorte Rumäniens. Die Vergangenheit sowie auch die Gegenwart haben es bewiesen, dass die Stadt ein Ort mit bedeutenden Sehenswürdigkeiten ist. Zahlreich sind die geschichtlichen Baudenkmäler und Museen, pittoreske Landschaften, berühmt durch das Verweilen kultureller Persönlichkeiten Rumäniens, schön gelegene Picknickplätze, Gebirgshütten und Heilbäder.
Der Rathausturm aus dem 16. Jh.; der große Ring; der Brukenthalpalast, Barock, 18. Jh.; das alte Rathaus; die Pempflingergasse; diese schöne Evangelische Kirche, gotisch, 15. - 16. Jh.; das alte Stadtpfarrhaus 16. Jh.; die Kruzufixkapelle, 15. Jh.; das Ursulinenkloster, 15. Jh.; die Lügenbrücke, 1859; der kleine Ring; das Kürchnerhaus; die Soldisch-Bastei, 16. Jh.; die Haller-Bastei auch dem 16. Jh.
Die Ringmauer von Sibiu-Hermannstadt besteht aus einer Reihe von Türmen, dem Töpferturm, Schützenturm usw.
Sehenswert sind die Franziskanerkirche aus dem 15. Jh. das Burkenthamuseum, das Waffenmuseum, das Naturwissenschaftliche Museum und auch das Jagdtrophäenmuseum. Auch bemerkenswert ist Dumbrava. Das ist ein junger Wald, in dem es ein Ethnographisches Museum für Volkstechnik und Volkskultur gibt. Im Wäldchen befinden sich auch ein Motel, Wirtschaftshaus, Camping, ein See mit Bootsverleih, und ein Zoo.
In der Nähe von Sibiu-Hermannstadt liegt Paltinis, der höchstgelegene Erholungsort des Landes in 1450 m. Weiter ist das Heilbad OCNA SIBIULUI zu empfehlen. Die Hütten Miercurea, Saliste und viele anderen liegen in schönster Umgebung. Dies sind nur einige Möglichkeiten die man in Sibiu-Hermannstadt nutzen kann.
Wir haben aber noch andere Wünsche, und die lassen nicht so leicht erfüllen. Auf unser Schreiben an das Pfarramt hatten wir keine Antwort bekommen und so sind wir gespannt, was uns erwartet.
Wir betraten die Kanzlei und erkundigten uns über Siebenbürgen. Die Informationen waren spärlich. Als wir wieder vor die Kanzlei traten, sprachen uns mehrere Frauen auf Deutsch an, und luden uns zu einer Morgenandacht ein. Im Anschluss konnten wir mit dem Pfarrer sprechen. Er gab uns einige erklärende Worte über das Verhalten seiner Landsleute, dass es unbedingt nötig sei, vorsichtig zu sein im Umgang mit Fremden. Er empfahl uns drei Kirchenburgen im Zentrum von Siebenbürgen und zeigte uns auf einer Karte den Weg. Was die Übernachtung anging, so war das alles andere als erfreulich. Er habe schon oft hohe Strafen gezahlt. Es sei in Rumänien verboten, Personen die nicht polizeilich am Ort gemeldet sind, zu beherbergen. Das treffe auch auf Rumänen zu. Ein Bräutigam müsse mit einer Anzeige, einer Denunziation rechen, wenn er unangemeldet bei seiner Braut, bzw. den Brauteltern übernachte. Als wir uns verabschieden, zeigt er uns noch eine kleine Tür und meinte: " Wenn sie keine günstige Übernachtung finden, so klopfen sie nach 10 Uhr abends. Wundern sie sich nicht, dass die Tür erst nur einen Spalt geöffnet wird. Wir müssen sicher sein, dass sie niemand beobachtet. Mit vielen guten und lieb gemeinten Wünschen fuhren wir weiter in Richtung Dumbrava. Jetzt hatten wir uns erst ein gutes Frühstück verdient. Am Ortseingang von Michelsberg sahen wir einen Brunnen. Er war überdacht und an der Seite befand sich ein großes Rad von einem Leiterwagen. Einige Jugendliche waren am Brunnen. Darauf hatte ich gewartet. Meinen leeren Wasserkanister in der Hand, trat ich auf die Gruppe zu. Neugierig betrachteten sie mich. Auch als ich guten Tag sagte war noch keine Reaktion zu merken. Auf meine Bitte nach Wasser, wolle jeder gleich helfen. Nun kamen wir ins Gespräch. Natürlich ist es bei Ihnen am Schönsten von ganz Rumänien. Eine deutsche Schule haben sie seit einiger Zeit und eine deutschsprachige Zeitung. Sie redeten auf einmal ganz ohne Scheu. Von weitem kam ein Motorrad auf uns zu. Es war eine Beiwagenmaschine mit zwei Personen besetzt. Bis auf einen älteren Buben von ca. 15 Jahren gingen alle sofort weg. Der Bub sagte verächtlich: "Wieder so ein rumänisches Schwein!" Ich war erschrocken. Der Bub grüßte und ging auch weg. Ich schraubte meinen Plastekanister zu und lief zum Auto. Auch ich hatte ein sonderbares Gefühl. Es geschah aber nichts. Wir besichtigten die Kirche zu Michelsberg. Danach fuhren wir weiter nach Heltau (Cisnädie). Zunächst schauten wir uns in der Stadt um. Kleine, saubere Geschäft und freundliche Menschen begegnen uns. Auf dem Markt kauften wir einige Tomaten und es gab Bananen. Da konnten wir nicht widerstehen und haben auch einige mitgenommen. Wir waren erstaunt über die Reklame in deutscher Sprache. Auf einem großen Emailleschild wurde die Tageszeitung "Die Woche" angeboten. Wir unterhielten uns mit einem Kutscher, welcher Stoffe und Teppiche auf einem Pferdewagen geladen hatte und weiterfuhr. Der Verdienst in der Weberei würde zwischen 9 und 11 Ley liegen. Das wäre ein guter Verdienst. Eine Übernachtung würde in einer Kleinstadt zwischen 305 und 345 Ley liegen. Zum leidlichen Thema Übernachtung hörten wir überall das Gleiche. Verwandte würden schreiben, dass sie nicht mehr nach Rumänien kämen, da man das ganze Geld verschlafen würde. Die Kirchenburg von Heltau war reizend. Sie entsprach meiner Vorstellung vom "Dornröschenschloss". Als wir in den Hof traten, begrüßte uns eine ältere Frau, die auf einer Bank saß und mit Handarbeiten beschäftigt war. Sie unterbrach die Arbeit und rief nach Herrn Weber. Gemeinsam zeigten sie uns die Burg. Ob Burg oder Kirche, äußerlich kann man das nicht unterscheiden. Diese Kirchenburg in Heltau, sowie die in Michelsberg, Hammersdorf und Neppendorf, gehören in die Gruppe der ältesten sächsischen Kirchen in romanischem Stil. Im Pfarramtsarchiv der evangelischen Kirche von Heltau wird eine ungemein wertvolle Handschrift aufbewahrt, deren 466 Pergamentseiten in wunderbarer Kalligraphie beschrieben, und mit zahlreichen roten und blauen Initialen verziert sind. Der Inhalt dieses Missale gestattet seine genaue Datierung zwischen 1350 und 1360. Damals wurde es von einem Original aus dem 9. Jh. kopiert. Nach der Besichtigung nahm uns die nette, weißhaarige Frau mit in ihre Wohnung. Sie reichte uns Gebäck und einen kühlen Trunk. Sie erzählte von ihrer Heimat und weinte dabei. Die Siebenbürgen hängen an ihrer Heimat seit hunderten von Jahren. Es schmerzt, wenn sie mit ansehen muss, wie immer mehr Menschen Siebenbürgen verlassen. Sie gab uns einige Zeitungen mit. Von ihr bekamen wir auch noch ein letztes Lebenszeichen. Sie schickte uns einen Campingführer. Dann war jede Verbindung nach Rumänien untersagt. An dieser Stelle ganz herzlichen dank an Frau Margarete Schneider, Olrmata Rosie Nr. 1, in 24437 Cisnädie - Heltau, Ind. Sibiu. Bei den Gesprächen spürte man, mit wie viel Liebe und Betonung die deutschsprachigen Ortsnamen ausgesprochen wurden. Frau Schneider zeigte uns viele Handarbeiten. Auf einer übergroßen Decke stand über herrlichen Motiven "Hier stirbt der Deutsche nicht, darauf vertraut." Wir versprachen, wiederzukommen. Leider konnten wir unser Versprechen nicht einhalten. Man sollte es heute noch einmal versuchen. Vielleicht hatte sie Kinder. Eine herrliche Vase ist noch in unserer Erinnerung. Von allen Siebenbürger Orten waren die Wappen darauf zu sehen. Wir kehrten, mit all den Eindrücken überwältigt, nach Hermannstadt zurück und entschlossen uns, noch am gleichen Tag nach Ungarn zurückzufahren.

An der Raststätte "Miercury" (?) bei Dobrinca machten wir eine Pause. Ich ging in die Gaststätte und kaufte eine Dose Cola. Beim Bezahlen gab ich mir Mühe, den verlangten Preis genau in Ley und Bani abzuzählen und damit zu bezahlen, als eine Stimme im vertrauten sächsisch, ja fast im erzgebirgischen Dialekt sagte: "Hier werden sie nicht betrogen." Ich schaute auf und in das gutmütiges Gesicht eines hochgewachsenen Mannes. Es war durchaus nicht üblich, dass man Wechselgeld zurückbekam. In Konstanz an der Kasse des Delphinariums bestand ich auf meinem Wechselgeld und bekam als Antwort die vielen kleinen Banis ins Gesicht geworfen. Ein andermal hatte ich eine Postkarte gekauft. Als ich auf dem Wechselgeld bestand, erhielt ich einen Keks. Der Mann fragte weiter: "Wie gefällt es ihnen in Rumänien?" Ich lobte die Gegend, konnte aber meinen Unmut nicht verbergen, dass man nur in den teuren Hotels übernachten könne und ich eigentlich noch einige Tage in Rumänien bleiben wollte, aber unter diesen Bedingungen...! Der Mann stellte sich als Herr Schmidt vor und bat, mit zu ihm nach Haus zu kommen. Er wohnte einige Kilometer in Richtung der Berge und wäre froh, uns in seinem Hause bewirten zu können. Ich sah sehr skeptisch drein. "Haben sie keine Angst, bei uns wird jeder gute Deutsch aufgenommen". Ich sagte kleinlaut, dass wir aus der DDR sind und nicht über Valuta verfügen. Da lachte Herr Schmidt und meinte: "Deutsch ist Deutsch. Dafür muss ich nicht nach Hause laufen. Wenn sie mitkommen, würde ich mich freuen wenn sie mich im Wagen mitnehmen. Ich habe von meinem Sohn ein Auto bekommen und es in die Werkstatt gebracht. Vor mir liegt eine ganz schöne Wegstrecke, und ich wäre ihnen dankbar, wenn ich mitfahren könnte." So gesehen machte Herr Schmidt einen überaus seriösen Eindruck. Zum Ersten Mal hatte jemand zu meinem unscheinbaren alten roten Wartburg, den ich so liebte, "Wagen!" gesagt. Ich sprach noch mit meiner Frau. Die lachte und meinte, dass wir Glück haben und ein paar Strumpfhosen habe sie noch als Geschenk. So fuhren wir über Feldwege in ein kleines Dorf. Die Häuser waren hinter hohen Zäunen mit großen Toren dazwischen, versteckt. Seine Frau Maria begrüßte uns mit einem herzlichen "Grüß Gott" Es gab einen großen Schnaps und eine Flasche Wein stelle Herr Schmidt auf den Tisch. In der sauberen, bäuerlich eingerichteten Küche bereitete Frau Schmidt ein herzhaftes Essen. Tomaten, Eier, Kartoffeln. Es duftete herrlich und schmeckte noch viel besser. Vorsichtshalber erkundigte ich mich noch mal wegen der Übernachtung und wies auf das Verbot hin. Herr Schmidt lachte herzlich und laut. "Polizei? Ich bin hier im Ort die Polizei!" Das verstanden wir nicht, aber weiter wollten wir auch nicht fragen. Noch während wir es uns gut schmecken ließen, trat eine kleine ältere Frau in den Hof. Einen großen, breiten, bunt geschmückten Strohhut trug sie zu einer kurzärmligen, weißen und bunt bestickten Bluse. Der schwarze, weite in Falten fallende Rock reiche fast bis zur Erde. Sie kam geradewegs auf uns zu, umarmte mich und sagte unter Tränen und Schluchzen. "Wir haben Volksdeutsche zu Besuch, welch ein Glück!" Diese Worte wiederholte sie noch oft. Ansonsten saß sie still in einiger Entfernung und schaute uns zu. Keiner der Menschen, die wir in diesen Tagen sahen waren jemals in Deutschland gewesen. Aber sie fühlten und lebten Deutsch. Daran bestand kein Zweifel. Noch vielen Besuchern mussten wir die Hände drücken. Niedliche Babys wurden uns gereicht und wir mussten sie zumindest einmal streicheln. Gegen Abend ging Herr Schmidt, sein Neffen und wir aufs Feld. Dort betrieb er eine Käserei. Eine kleine, halb ins Erdreich eingelassene Hütte, darin arbeitete ein älterer Mann und bereitete Schafkäse zu. Natürlich mussten wir davon essen. Es wurde viel erzählt. Kein fremder Dialekt. Alles schien so vertraut und doch waren wir im fremden Rumänien und die Menschen waren noch nie in Deutschland. Während ich mir den Ziegenkäse auf der Zunge zergehen ließ und über die Wiesen schaute ging es mir durch den Kopf:

Siebenbürgen; ich stand auf historischem Boden, dem heutigen Transsilvanien. Seit dem 3. Jh. V. u. Z. ein Teil des Königreiches der Daker. Bis 271 ein Teil der römischen Provinz Dakien. Seit dem 10. Jh. entstanden hier kleine frühfeudale Staaten. Vom 11. bis 13. Jh. von den Ungarn erobert und als Wojewodschaft der ungarischen Krone unterstellt.
Um 1160 begann die Ansiedlung deutscher Bauern und Handwerker. Ein fleißiges Völkchen, diese Siebenbürger Sachsen. Seit dieser Zeit haben diese Menschen sich gegen alle Wirren der Geschichte zur Wehr gesetzt und sind sich und ihrer sächsischen Kultur treu geblieben. Und jetzt? Sollte es jetzt zu Ende gehen? Nicht auszudenken. Von 1541 bis 1687 unterstand Siebenbürgen als autonomes Fürstentum dem Osmanischen Reich. Es kam 1691 an die Habsburger und 1867 nach dem österreich.-ungarischen Ausgleich an Ungarn. Nationale Kräfte bringen Siebenbürgen zu Rumänien. Das wird 1920 im "Frieden von Trianon" bestätigt. Ab 1940 wieder bei den Ungarn. Das wurde im 2. Wiener Schiedsspruch festgelegt. Ab 1947 wieder rumänisch, im "Frieden von Paris 1947 bestätigt. Bis jetzt haben diese Menschen der Entwicklung des sozialistischen Rumäniens nur ihre Energie entgegenbringen könne. Jetzt scheint es, dass diese Energie erlahmt.

Auf dem Rückweg gehen wir in eine alte am Rande des Dorfes gelegene Kirche. Der Pfarrer kommt mit und bestätigt uns, dass er eine immer kleinere Gemeinde zählt. Es gibt nur noch wenige junge Menschen, die in Siebenbürgen bleiben möchten. Seit 800 Jahren - und nun auf einmal? Es ist unfassbar, wenn man neben diesen Menschen steht. Am nächsten Tag, es wird spät am Abend, wollen wir zurück nach Ungarn. Zwei Episoden sind aber von Interesse."

Hier endet das Tagebuch von Fritz. Viele Menschen sollten es lesen und er hatte wohl Angst, das Weitere einfach so aufzuschreiben.

Fritz saß mit seiner Frau als Volksdeutsche in fröhlicher Runde bei Schmidts. Es wurde gelacht und getrunken. Auf das Auto vom Sohn wurde oft angestoßen. Dabei stellte Herr Schmidt sich und uns laut die Frage: "Was mach ich nun, mache ich in meinem Alter noch die Fahrerlaubnis, oder kaufe ich mir eine?" Kaufen, Fritz war erstaunt. Wie geht denn das? "Ganz einfach"- meinte Herr Schnitt - eine Flasche Schnaps und ein halbes Schwein dürften genügen und ich bekomme eine Fahrerlaubnis ausgeschrieben." Da dachte Fritz mit Unbehagen an den großen LKW, der ihm die Vorfahrt genommen hatte. Zu später Sunde ereignende sich noch etwas Ungewöhnliches für Fritz. Einige Männer kamen in den Hof und es wurde lebhaft in Rumänisch diskutiert. Herr Schmied entschuldigte sich. Er sei gleich wieder da. Die Polizei habe einem seiner Arbeiter auf dem Feld die Fahrerlaubnis weggenommen, da er etwas viel getrunken habe. Aber das war am Mittag und am Abend ist so ein Arbeiter wieder nüchtern. Fritz dachte sich seinen Teil. Aber Herr Schmidt ging ins Haus und trat mit einem kleinen Schinken unter dem Arm und einer Flasche Schnaps heraus und folgte den Männern. Nach einer Stunde, Fritz ging eben ins Bett, kamen alle mit großen Hallo wieder. Der Arbeiter hatte seine Fahrerlaubnis zurückbekommen Am kommenden Morgen, nach reichlichem und gutem Essen, bat Herr Schmidt, Fritz solle ihm helfen, auf einen Ballonreifen am Feldwagen Luft aufzupumpen. Gesagt, getan. Fritz musste einen Schlauch an den Ballonreifen halten. Da kein Ventil darin war, war für Fritz sowieso alles spanisch. Herr Schmidt pumpte und Fritz musste im Rhythmus des auf und nieder mit den Fingern den Schlauch abdrücken. Bis dahin konnte Fritz Herrn Schmidt folgen. Was jetzt kam, setzte ihn doch in großes Erstaunen. Herr Schmidt sagte, Fritz solle mit dem Daumen auf den Metalleinlass drücken, also dort, wo normalerweise das Ventil hineinkommt. Fritz drückte und Herr Schmidt ging weg. Da stand er nun. Ihm tat der Daumen tüchtig weh und er wollte schon loslassen, als Herr Schmidt mit einer Büchse in der Hand ankam. Er nahm die Staubkappe, strich sie voll mit dickem Bienenwachs. Dann rief er: "Daumen weg!" Fritz war richtig erschrocken. Herr Schmidt drehte mit großer Hast die Staubkappe auf das Metallstück. Es ist unglaublich. Die Luft blieb im Reifen. Man lernt nie aus!!! Danach brachte Herr Schmied zwei große weiße Schafsfelle. Es waren Prachtstücke. Diese wolle er nun Fritz und seiner Frau schenken. Wenn sie dafür ein paar Gummistiefel im kommenden Jahr mitbringen könnten, wäre das genug. Eventuell noch einen Abziehstein, um die Messer zu schärfen. Dass Fritz und seine Frau wieder kämen, darüber gab es bei niemandem Zweifel.
Nun war guter Rat teuer. Fritz meinte, die Zollorgane zu kennen, und wusste, dass er keine gegerbten Felle mit über die Grenze nehmen durfte. Er redete und redete. Herr Schmidt hatte sofort eine Lösung. Er sagte: "Ich gebe dir Zigaretten und eine Flasche Schnaps mit und wenn der Zoll etwas sagt, dann gibst du ihm einfach die Zigaretten. Im Notfall kannst du ja noch den Schnaps nachschieben!" Fritz war sprachlos. Er kann sich aber noch an die sprachlosen Gesichter von Familie Schmidt erinnert, als er am Ende die Felle doch nicht mitnahm. Er versprach hoch und heilig, im kommenden Jahr wiederzukommen. Er durfte nie wieder nach Rumänien.
Der ehrliche Fritz. Es klingt wie ein Märchen. Bei Gott, das ist es aber nicht. Erst spät am Abend traten sie die Heimreise nach Ungarn an. An der Grenze tauchte im Scheinwerferlicht der Zöllner auf. Er hatte eine Schnellfeuerwaffe über der Schulter und ein Käppi auf dem Kopf. Fritz kurbelte das Fenster herunten, sagte freundlich: "Guten Abend". Der Grenzer griente und sagte in einem verständlichen Deutsch: "Zigaretten?!" Fritz schüttelte den Kopf und bedauerte, dass er keine habe. Da verfinsterte sich die Miene des Soldaten. Jetzt ging alles schnell und für Fritz war es unfassbar. Hätte er doch die Ratschläge von Herrn Schmidt befolgt. Er musste nun alles auspacken und da man nichts fand, durfte er das Auto wieder einpacken - und alles nur, weil er keine Zigaretten für den Zoll hatte.
Für diesen Ärger wurde Fritz und seien Frau durch eine herrliche Segeltour rund um den Plattensee entschädigt. Ein fahler Beigeschmack aber blieb.

F. W.




Urlaub für 2017:

2017-04 (GR), Der Olymp und "meine Götter".

2017-08 (A), Kärnten - schön wie immer!

2017-09 (F)-(CH)-(I);
Nicht nur das uns immer begleitende Blau des Himmels über den grenzenlosen Alpen
rund um den Mont-Blanc durften wir Ende September anno 2017, erleben
- es war "Alpenpanorama pur".

2017-10 (D); "Leipziger Splitter" - mit Gewandhaus und gutem Essen!





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